Zu einer Logik des Begehrens

Die Leidenschaft für die Kunst entdeckte Paul Ege schon in jungen Jahren. Sein erstes Bild kaufte er bereits 1958 in Nürnberg, wo er seine kaufmännische Ausbildung absolvierte. Die Lithographie von Michael Mathias Prechtl, eine abstrahierte Landschaft zeigend, ist noch heute im Bestand der Sammlung. Über Jahrzehnte wuchs eine heterogene Sammlung an, allein dem persönlichen Geschmack verpflichtet und für den privaten Rahmen gekauft, die von expressionistischer Grafik über sowohl figürliche Malerei, Assemblagen bis hin zu Plastiken reichte. Nach und nach deutete sich, durch Ankäufe von Johannes Geccelli, Gotthard Graubner u.a., aber ein grundlegendes Interesse für die abstrakte Kunst der Gegenwart an, die nicht allein an Bedingungen der gegenständlichen Welt gebunden ist und die, dem späteren Sammlungsprofil vorausgreifend, u.a. Farbe als Gegenstand der Malerei thematisierte.

Michael Prechtl

Von der Ansammlung zur Sammlung

Über die Galerie Krohn in Badenweiler, unweit von Freiburg, lernte Paul Ege mit seiner Frau Anfang der 1990er Jahre schließlich nationale wie internationale Malereipositionen kennen, die dem sogenannten Radical Painting zugeschrieben werden. Von da an galt die Begeisterung der Farbe selbst: Marcia Hafif, Phil Sims, Joseph Marioni, Peter Tollens, Rudolf de Crignis, Dieter Villinger und Günter Umberg sind seitdem in der konzentrierten Sammlung vertreten und stellen das Herzstück der Sammlung dar: Eine Malerei, die sich in einem Spannungsfeld zwischen materiell, prozessual hergestelltem Ding und ästhetischer Totalität bewegt. Während zu Beginn Paul Ege der theoretische Hintergrund der Werke weniger interessierte als ihr meditativer, erscheint es im Nachhinein umso glücklicher, dass gerade die zugespitzte konzeptuelle Fragestellung dieser Malerei das Potenzial zu einer konzentrierten Weiterentwicklung der Sammlung bis in die Gegenwart bot.


Ausstellungsansicht Blind*Date (2016) mit Werken von Marcia Hafif
Joseph Marioni, Green Painting, 2006
Ausstellungsansicht Solo! Phil Sims (2017) mit Werken von Phil Sims
Ausstellungsansicht Raumwechsel 3 (2005) mit Werken von Günter Umberg, Richard Long und David Rabinowitch
Peter Tollens rot grün türkis 2010 Öl auf Holz 37 x 35 cm

Von der Malerei zum Bild

Im Zuge der fortlaufenden Erweiterung der Sammlung wurde die durch das Radical Painting gestellte Frage nach dem Wesen der Malerei auf die Möglichkeiten des Bildes ausgedehnt. Damit wurde gleichzeitig ihre Relevanz sowohl in die Vergangenheit als auch in die Gegenwart (zurück)geführt. Gleichzeitig zu dieser reduzierten Malerei entwickelte sich ein Interesse an minimalistischen Tendenzen, sodass die Sammlung mit zahlreichen Arbeiten z.B. von Donald Judd, Carl Andre, Fred Sandback oder auch Sol LeWitt ergänzt wurde, die Anfang der 1960er Jahre grundlegend neue Definitionen des Kunstwerks im Verhältnis sowohl zum Raum als auch zum Betrachter definiert haben.
Parallel dazu wurde das seit jeher vorhandene Interesse an Arbeiten auf Papier weiter gepflegt. Neben unterschiedlichen Portfolios von Richard Tuttle, Robert Ryman oder Agnes Martin, konnten – vor dem Hintergrund eines autonomen Zeichnungsbegriffs – zahlreiche Arbeiten von Katharina Hinsberg, Frank Badur und Thomas Müller erworben werden. Schließlich wurden die Bestände durch Fotografien, wie z.B. von Michael Reich, Jörg Sasse und Axel Hütte sowie Videoarbeiten von u.a. Dieter Kiessling sinnvoll erweitert.

Ausstellungsansicht der Eröffnungsausstellung (2004) mit Werken von Donald Judd
Dieter Kiessling, Staub 2,1996/2002
Katharina Hinsberg, Ajouré, 2015
Ausstellungsansicht Collector's Choice Only Prozess (2014) mit Werken von Michael Reisch und Ulrich Rückriem
Ausstellungsansicht Collector' s Choice Only (2014) mit Werken von Frank Badur, Carl Andre und Agnes Martin
Carl Andre, Glarus Tin Trigon, 2007

Von der Fläche in den Raum

Sowohl die Radikale Malerei als auch die Minimal Art, die die direkte Erfahrung im Raum ermöglichen, waren schließlich Grundlage dafür, dass sich innerhalb der Sammlung das Bild immer weiter der Realität öffnete. Während nicht nur zweidimensionale Arbeiten, sondern ebenso skulpturale und installative Arbeiten als Bilder verstanden wurden, führte die Frage nach dem Verhältnis von Bild und Raum das sammlerische Begehren schließlich zu einer jüngeren Künstlergeneration, die sich mit der Frage nach dem Bild in der heutigen Zeit auseinandersetzt. Installative Arbeiten, wie von Adrian Schiess, Freya Richter oder auch Lori Hersberger, die für einen erweiterten Bildbegriff charakteristisch sind, zeigen wie ein Bild zum Raum oder der Raum zum Bild wird und wie ephemere, bildliche Aussagen zu einer kritischen, bisweilen humorvollen Auseinandersetzung mit den historischen Konzepten von Materialität und Visualität führt.

In Form von Reflexionen, gedanklicher Nachbarschaft, Weiterentwicklungen oder auch bewusster Abgrenzung wirken die Errungenschaften der „alten Meister“ in der Gegenwart weiter. Ihre Redefinition des Verhältnisses von Material und Form dient der jüngeren Generation – ohne jemals im reinen Formalismus zu münden – als Grundlage für eine zukunftsweisende Auffassung des gegenstandslosen Bildes. Einem Bild, das immer in Beziehung zum sehenden Betrachter steht. So kreist letztlich der Fokus der Sammlung auch um den Raum, in dem ein Bild gesehen und gedacht wird und führt damit Grundbedingungen unserer Wahrnehmung überhaupt vor. In diesem Sinne wird gesammelt, um zu sehen!


Ausstellungsansicht Raumwechsel IV (2005/2006) mit Werken von Adrian Schiess
Installation Ghost Rider von Lori Hersberger, 2004 in der Ausstellung Raumwechsel 1 und 2013 in der Ausstellung Spaces
KAB Blickwechsel 2018 15
Bilder im Fluss 2013 11